Ja, wir haben den neuen Spielplan veröffentlicht: schönes Gespräch mit Redaktionsleiter Raimund Meisenberger in der PNP
Intendant lobt klares Bekenntnis der Salzburger Politik: das Salzburger Landestheater legt schon jetzt kompletten Spielplan vor
Passauer Neue Presse am 11. April 2021, Gespräch mit Redaktionsleiter Raimund Meisenberger
Da staunt der Theaterfreund in Bayern: Während sich in Passau und Landshut das Landestheater Niederbayern aufs Streaming verlegt hat und nun gar mit Oskar Maria Grafs „Ehe des Herrn Bolwieser“ einen Spielfilm dreht, und während das Landratsamt Rottal-Inn dem Theater vor lauter Krise untersagt, von sich aus Lebenszeichen in die Welt zu senden – währenddessen verschickt Intendant Carl Philip von Maldeghem vom Salzburger Landestheater mitten im Corona-April ein Programmbuch für die Spielzeit 2021/2022, grade so, als gäbe es keine Krise. Wie ist das möglich?
Zum Streamingangebot des Salzburger Landestheaters gelangen Sie hier.
Herr von Maldeghem, im Osten Bayerns kennt man Theater nur noch vom Bildschirm oder vom Hörensagen. Sie haben uns einen Spielplan mit 36 Produktionen für 2021/22 geschickt. Die Überraschung ist Ihnen gelungen.Carl Philip von Maldeghem: Na ja, das mag einigen wagemutig erscheinen, aber das Leben schreitet ja voran, und wir glauben einfach daran, dass das Theater ein guter Spiegel der Gesellschaft ist, und vor allem ein Reflexionsraum, den wir sonst nicht haben. Ich bin einfach überzeugt davon, dass diese Einschränkung der Grundrechte, die wir im Moment haben, nur temporär sein kann. Theater ist eine soziale Kunst, deswegen müssen wir sie zusammen ausüben. Theater ist vielleicht nicht systemrelevant, aber seelenrelevant. Und darum versuchen wir Akzente zu setzen. Gerade hier an der Staatsbrücke kommen Sie an uns nicht vorbei, da sind Flaggen mit der Aufschrift „Theater ist selenrelevant“, wir haben das Theater für einen Ausstellungsrundgang geöffnet – und für uns ist es deswegen auch selbstverständlich zu sagen: Das sind unsere Pläne, wir haben ein volles Bündel!
Der Spielplan muss mit vielen offenen Fragen operieren: Wann darf aufgesperrt werden, wie viele Besucher dürfen kommen, welche Besetzungen sind möglich – wie haben Sie das gemacht?
Maldeghem: Erst einmal haben wir von der Politik in Salzburg ein klares Bekenntnis bekommen, dass gerade die Sparte Kultur für Salzburg ganz wesentlich ist, und wir deswegen ein volles Programm planen können.
Kann man diese Politiker vielleicht kurz ausleihen?
Maldeghem: (lacht) Ja, vielleicht! Das sind in dem Fall unser Landeshauptmann Wilfried Haslauer und der Landeskulturreferent Heinrich Schellhorn, die haben das schon im April vor einem Jahr gesagt. Und auf der Grundlage können wir planen. Natürlich sind einige Produktionen dabei, die wir schon in dieser Spielzeit der Öffentlichkeit gezeigt hätten, wie „Cinderella“ von Alma Deutscher, oder die „Zauberflöte“, aber auch Stücke, die wir neu geplant haben. Wir sind ein Theater mit festem Ensemble, ein Großteil der Produktionen – sowohl in der Oper als auch im Schauspiel als auch im Ballett – kann aus dem Ensemble heraus gemacht werden.
Sie planen u.a. mit Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ und Verdis „Macbeth“ – wissen Sie denn schon, wie viele Musiker in den Orchestergraben dürfen?
Maldeghem: Ja. Bei „Ariadne auf Naxos“ gehen wir davon aus, dass im Herbst normal gespielt werden kann, und bei Verdi auch. Außerdem findet diese Produktion in der Felsenreitschule statt, dort ist ein besonders großer Orchestergraben, in dem die Wiener Philharmoniker vor einem Jahr auch „Elektra“ gespielt haben. Selbst wenn wir eine reduzierte Fassung machen müssen, ist es immer noch reizvoll.
Von Mai bis November 2022 werden Saal und Bühne des Landestheaters saniert, und Sie spielen im runden Zirkuszelt und in Räumlichkeiten der Salzburger Festspiele. Welche Konsequenzen hat das für den Spielplan?
Maldeghem: Immer, wenn wir in den Festspielbezirk gehen, gibt es ein paar gute Gründe dafür. Wir können dort ein Repertoire spielen, das größer ist. Normalerweise nutzen wir das für eine Produktion im Jahr, im Herbst ’22 werden wir dort drei Produktionen spielen. Wenn wir über das Zirkuszelt reden, sage ich bewusst, es soll ein Zirkuszelt sein und kein Theaterzelt. Denn die Produktionen, die wir dort spielen, die sollen alle etwas mit dem Zirkus zu tun haben. „Carmen“ wird eine Artistin im Zirkus sein, „Kasimir und Karoline“ spielt auf dem Oktoberfest in München, dort ist der Jahrmarktscharakter im Stück sehr präsent.
Auch „Peter Pan“ und „Cabaret“ zeigen Sie im Zelt.
Maldeghem: Ganz genau, bei „Peter Pan“ kann man herrlich fliegen, das ist im Zirkuszelt hervorragend möglich, und „Cabaret“ nenne ich eine Pop-up-Produktion: Wir haben vor einer Woche angefangen zu proben und wollen das noch in der laufenden Spielzeit herausbringen. Wir sind auf jeden Fall spielbereit.
Seit Januar haben Sie ein Streaming-Angebot, das großteils kostenlos ist. Warum ist „Don Giovanni“ gratis und die „Zauberflöte“ kostet neun Euro?
Maldeghem: Wir haben das Angebot zweigeteilt: Archivproduktionen wie unser Mozart-da-Ponte-Zyklus sind gratis, die Produktionen der laufenden Spielzeit kosten Eintritt.
Wann waren zuletzt Bayern bei Ihnen im Haus?
Maldeghem: Am 30. Oktober, das war der letzte Abend, an dem wir spielen konnten, und da war es auch noch möglich, über die Grenze zu fahren. Fast ein Drittel unsers Publikums kommt aus Bayern, wir haben große Sehnsucht nach ihnen! Wir sind sehr zuversichtlich, dass Herr Söder das hinbekommt, dass wir uns hoffentlich im Mai wieder sehen.
Zum Streamingangebot des Salzburger Landestheaters gelangen Sie hier.
Aktuell sind folgende Produktionen im Streaming-Angebot abrufbar:
• Schöne Bescherungen (bis 27. April online)
• Cosí fan tutte
• Heidi (bis 3. Mai online)
• Faust
• Die Räuber
• Don Giovanni
• Blauer als sonst (Jugendstück für Schulklassen buchbar)